Namensherkunft

Woher kommt der Name Dotterweich?

Haben meine Ahnen das perfekte Frühstücksei entwickelt, hatten sie eine Hühnerfarm oder waren es irgendwelche Weicheier?

Schauen wir doch mal in die einschlägigen Namenslexika:

So heißt es in "Die Deutschen Familiennamen" von HEINTZE-CASCORBI aus dem Jahre 1933 auf Seite 174:

Dotter ist auch Pflanzenname und das Gelbe im Ei; dazu Dotterweich (Hieronimus Totterweich 1612 Mainstockheim; Konrad Totterweich miles I706 Eppan).
Eine Familie Dotterweich hat ihren Namen in Dorneich geändert.

Im Buch "Deutsche Namenskunde" von MAX GOTTSCHALD aus dem Jahre 1982 heißt es auf Seite 159 lediglich:

Dotterweich: < ON, Todtenweis, Württ. (geändert in Dorneich).

Das sagt nicht gerade viel über den Namen Dotterweich aus. Glücklicherweise hat sich in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts KONRAD besonders ausführlich mit der Namensgeschichte beschäftigt (kompletter Text siehe unten). Er listet auch noch weitere Geschichten zu der Entstehung des Namens Dotterweich auf, wie z. B. die vom Herrn Weich, der nach Italien ging und dort seinen Doktortitel zu machen. Als er wieder zurückgekommen war, wurde aus dem Doctore Weich ein Dotterweich.

ARENTH wertete auch die Archive des ehemaligen Hochstifts Bamberg aus und fand als ältesten Nachweis, aus dem Jahre 1453, einen Conz Toterweych in Abtsdorf. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass vermutlich im 15. Jahrhundert der Name Dotterweich als Übername in einer kleinen Ortschaft, etwa 10 km südlich von Bamberg im Tal der Rauhen Ebrach, entstanden ist. Auch heute gibt es in dieser Gegend (aus der ich übrigens auch stamme) noch sehr viele mit den Namen Dotterweich. Eierverkäufer finden sich übrigens (bisher) nicht darunter, dafür allerdings mehrere Autohändler.

Ob sich aus der Häufigkeit eines Namens das Herkunftsgebiet schließen lässt, halte ich jedoch (als Nicht-Namenskundler) für fraglich. Schließlich reicht es, wenn z. B. im Jahre 1300 ein Dotterweich aus Hamburg oder Frankfurt in den Rauhen Ebrachgrund kam und so viele Kinder, Enkel und Urenkel hatte, dass bereits 200 Jahre später das halbe Dorf diesen Namen hatte. Das der Namen nicht unbedingt in Abtsdorf entstanden sein muss deuten auch die weiteren drei Hinweise hin. So heißt es im Lexikon bei Herbert Maas auf S. 47:

Dotterweich: Wie die historische Schreibung des Familiennamen erweisen müßte, auf den Ortsnamen Totenweis in Württenberg bezogener Familienname.
In Nürnberg aber 1331 ein Totirwaich.

In "Familiennamen" des Dudens heißt es:

Dotterweich: fränkischer Übername zu mittelhochdeutsch doter, toter >Eidotter< und mittelhochdeutsch >weich<: >weich wie Dotter< Bereits 1327 ist im >>Ältesten Achtbüchlein<< von Nürnberg ein Toterweich belegt.

....oder im Deutschen Namenslexikon aus dem Jahre 1967 auf Seite 105:

Dotterweich: ein weichlicher Mensch; u. Ritter K. Totterweich miles; ein Godeke Doderwec 1302 in Stralsund.

So könnte auch der Name in Nürnberg oder gar in Stralsund an der Ostsee entstanden sein. Dass Dotterweich ein Übername ist, finde ich noch am wahrscheinlichsten. Dass er von dem Ort Totenweis abstammt hat bereits ARENTH widerlegt. Letztendlich lässt sich aber die Frage wohl nie klären, woher der Name kommt und wie er entstanden ist. Allerdings ist belegt, dass der Name Dotterweich schon seit mindestens 650 Jahre existiert. Varianten in der Schreibweise finden sich meist nur bei den Buchstaben "D" und "T", was zumindest im Fränkischen nicht ungewöhnlich ist, da dort beide Buchstaben wie "D" ausgesprochen werden. Ddie wohl einzige Ausnahme ist dort das angehängte "t" in Senft, wenn er auf die Bratwurst kommt.

Allerdings wäre auch noch eine ganz andere Interpretation möglich. Oben hatte ich bereits erwähnt, dass ein Godeke Doderwec 1302 in Stralsund erwähnt wird. Interessant ist, dass im Schwedischen das Wort Dotter = Tochter bedeutet und das in vielen anderen germanischen Sprachen Tochter auch ähnlich wie "Dotter" geschrieben oder gesprochen werden.

Spracheengscofrynldafrndsnds-Frakturdeudeu-Frakturyidyid-TLislfaonorswedan
BegriffdaughterdochterdochterdochterdogterDochterDochterTochterTochterטאָכטערtoḫterdóttirdóttirdatterdotterdatter

Quelle: http://www.geonames.de/wl-germanic.html

Also könnte es sich bei Dotterweich auch um einen Skandinavischen Namen handeln, mit der Bedeutung Tochter-weich, wobei dann noch zu klären wäre, was mit "weich" in diesem Zusammenhang gemeint sein könnte. Evtl. jemand, der von seiner Tochter getrennt wurde (von der Tochter weg?), oder es sich die Tochter von Familie "wec" handelt. Also auch hier ist noch viel zu spekulieren.

Literatur:
ARENTH, KONRAD (1956): Die Familiennamen des ehemaligen Hochstifts Bamberg in ihrer geschichtlichen Entwicklung. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 16: 143 - 454. Institut für fränkische Landesforschung an der Universität Erlangen. Im Verlag Michael Lassleben, Kallmünz-Opf.
BAHLOW, Hans (1967): Deutsches Namenslexikon. Gondrom Verlag, Bayreuth. S. 105.
DUDEN (2000): Familiennamen. - Herkunft und Bedeutung. Dudenverlag Mannheim. S. 196.
GOTTSCHALD, MAX (1982): Deutsche Namenskunde. Walter de Gruyter, Berlin.
HEINTZE-CASCORBI (1933): Die deutschen Familiennamen. Buchhandlung des Waisenhauses G.m.b.H. Hale/S - Berlin.
MAAS, HERBET (1964): Von Abel bis Zwicknagel- Lexikon deutscher Familiennamen. dtv-München. S. 47.


Etymologie des Familiennamens Dotterweich

Bearbeitung von Antje Dammel und Christian Dotterweich, Forchheim

Zum Familiennamen Dotterweich finden sich in den einschlägigen Lexika zwei mögliche Erklärungen.

Nach dem Duden "Familiennamen" (2005, S. 200) handelt es sich um einen typisch fränkischen Übernamen. Von Übernamen spricht man, wenn der Namenträger nach einer herausragenden körperlichen oder charakterlichen Eigenschaft benannt wurde, ähnlich den heutigen Spitznamen.
Eine zweite Möglichkeit nennt Gottschald (5. Aufl. 1982, S. 159). Danach handele es sich um einen Herkunftsnamen. Von Herkunftsnamen spricht man, wenn als Benennungsmotiv die Herkunft des (neu zugezogenen) Trägers zugrundeliegt. Als möglichen Herkunftsort nennt Gottschald Todtenweis (Württemberg, später geändert in Dorneich). Dotterweich wäre dazu wohl eine Umformung, auch "Volksetymologie" genannt, mit der ein neuer - und angenehmerer - Sinn in den Namen gebracht wurde.

Die wohl naheliegendere Lösung, die auch zur geographischen Verbreitung des Familiennamens Dotterweich passt, ist die vom Duden vorgeschlagene.

Häufigkeit und geographische Verbreitung des Familiennamens Dotterweich

Datenbasis der Karte sind die Festnetztelefonanschlüsse in Deutschland im Jahr 1995. Hier finden sich 479 Anschlüsse auf den Namen Dotterweich . Wenn man die Zahl der Anschlüsse mit 2,8 multipliziert, erhält man mit rund 1.341 die ungefähre Anzahl der Namenträger in Deutschland.

Die Karte zeigt, dass der Name Dotterweich ganz klar in Oberfranken im Raum Bamberg konzentriert ist. Unter allen Orten mit Festnetzanschlüssen auf Dotterweich weist 96158 Frensdorf (Oberfranken) mit 38 Anschlüssen das höchste Vorkommen auf.

Eine weitere Variante ist Totterweich , die nur mit einem Anschluss belegt ist.


Eine wunderbare Recherche zu diesem Familiennamen wurde 1965 von ARENTH KONRAD veröffentlicht, die hier als Auszug wiedergegeben wird:

Beim Steigerwald lernten wir schon die Butterhof kennen; dahin gehören auch die Giehl, die Seltsam, die Bratengeier, die Bräutigam und die Dotterweich. Der Name dieser Sippe kann als ein Musterbeispiel dafür angesehen werden, zu zeigen, welche Möglichkeiten die Deutung eines Namens Fachleute finden, um nicht zu sagen erfinden.
Die erste Deutung gab ein amtlich zur Pflege und Unterstützung der Familienforschung bestellter Herr, als ein wissensbegieriger Namensträger eben diesem die verfängliche Frage nach der Bedeutung des Namens Dotterweich stellte. Eine Deutung mußte schon aus Gründen des amtlichen Ansehens gefunden werden. Also griff der Befragte zu dem einzigen damals im amte vorhanden Namenbuch, zu Heintze-Cascorbis 1. Auflage der "Deutschen Familiennamen". Der gesuchte Name war zwar nicht darin zu finden, wohl aber des fraglichen Namens erster Teil, nämlich Dotter. Ein schneller Blick überzeugte weiter den "Forscher", daß dieses vorzügliche Buch auch den anderen Teil des Namens enthalte, wenn auch nicht in derselben For, sondern -weig statt -weich. Doch würde man mit dieser unbedeutenden Abweichung schon fertig werden. Die Schwierigkeiten waren im Grunde also schon behoben.
In Heintze-Cascorbi war unter Dotter auf Dieter verwiesen, aus dem nach dem Vorbild von Alo-pex, -pix, -pax, -pux, Fuchs besagtes Dotter entstanden sein sollte. Dieser Name Diether, althochdeutsch Diethari, heißt wörtlich übertragen Volksheer. Die Silbe -weich in Dotterweich wurde dem in Namensbuch vorkommenden -weig gleichgesetzt, daß dem in Lud-wig, Wig-bert erscheinenden althochdeutschen Wirte Wig = Kampf entspricht. Zu diesem althochdeutschen Namenssalat kam noch ein Schuß Bamberger Mundart: In Bamberg spricht man auslautendes g wie ein ch, also Berg wie Berch. So erschien die Gleichung weich = weig = wig berechtigt und gesichert. Und was die Hauptsache war, es entstand ein wunderschöner germanischer Name Dietherwig, der Volksheerkämpfer! Alle waren zufrieden, der Deuter und der Gedeutete.
Lieder hatte diese Erklärung einen Haken. Das Namenbuch von Heintze-Cascorbi stellt zwar das ersterschienene, aber auch heute noch rückständiges Werk dar, das zu Rate gezogenen Buch noch dazu eine alte Auflage. Nach diesem überholten Standpunkt werden die Familiennamen soweit wie möglich auf althochdeutsche Vornamen zurückgeführt. Das erscheint ja auf den ersten Blick berechtigt, denn die Vornamen Otto, Friedrich, Günther, Dietrich, Wolfram usw. sind noch heute geläufige Familiennamen. Was ist also am Verfahren Heintzes falsch? Nu nichts anderes als die kritiklose Übernahme und sogar kühne Neubildung solcher alter Namen. Denn nicht alle und bekannten und im "Althochdeutschen Namenbuch" von Förstemann gesammelten Vornamen können zu Familiennamen geworden sein, sondern nur jene, die zur Zeit der Entstehung der Familiennamen, also um 1150 1200 noch lebendig waren. Die damals nicht mehr gebräuchlichen Vornamen kommen für die Bildung theoretisch nicht mehr in Betracht. Diese theoretisch ohne Zweifel berechtigte Erwägung stößt allerdings auf praktisch auf Schwierigkeiten , die nicht zu unterschätzen sind, die gerade darin bestehen, daß es oft eben gar nicht einwandfrei feststellbar ist, welche Namen noch lebendig waren. Das darf nicht verschwiegen werden. Heintzes auch anderer Verfahren bestand darin, Förstemanns Buch aufzuschlagen, einen passenden Vornamen zu finden, und schon hatte man die Lösung. Fand sich kein entsprechender Vorname, dann "erschloß" d. h. auf gut deutsch, erfand man einen altdeutschen Namen und um wissenschaftlich zu bleiben, setzte man, wie Gottschald in seiner "Deutschen Namenskunde" das Zeichen der erschlossenen sprachlichen Formen, das Sternchen, davor z. B. *Traubod, *Trapheri oder man setzte diesen nicht nachgewiesen Namen in Klammern. Das war bequem, trug aber der Vielfältigkeit der Namenbildung in keiner Weise Rechnung. Den Namen Dietherwig kennt Förstemann nicht; es kann diesen Namen aber auch gar nicht gegeben haben, denn die germanischen Vornamen setzten sich aus zwei Wortstämmen zusammen z. B. Lud-wig, Fried-rich, Eber-hart. Am oft berührten Namen Dietherwig war aber ungehöriger- und überflüssigerweise noch ein dritter Stamm beteiligt. An diesem Zuviel allein schon scheitert die so gut gemeinte Lösung.
Auf diese aus beruflichen Zwang und amtlicher Sachkenntnis geborene "Deutung" folge eine mehr humoristische; daß sie aber von ihren Urheber so gemeint war, darf billig bezweifelt werden. In der "Bayerischen Lehrerzeitung" vom 11.2.1937 (71. Jahrgang, Nr. 7) veröffentlichte ein Amberger Namenfreund seine Anschauungen über Familiennamen. Dabei kam er auf den Namen Dotterweich zusprechen. Zu dessen Erklärung schreibt er folgendes: "Schnurrig ist die Geschichte des Namens Weich. Ging da ein um 1700 ein gewisser Weich nach Italien und holte sich auf einer Hochschule den Doktorhut. In der Heimat wußte aber man mit dem Dottore Weich nichts anzufangen und schliff in ab in Dotterweich; und in dieser Form lebt der Name noch heute fort". Der Erzähler oder Erdichter dieser mehr unterhaltenden als namenkundlich verwertbaren Geschichte weiß in seiner Ahnungslosigkeit nicht, daß um das vorwegzunehmen in Wirklichkeit die Dotterweich aus dem Bambergeschen stammen, wo sie schon um 1450 genannt werden, so daß der Name nicht erst um 1700 entstanden sein kann. Die Dotterweich gelangten wahrscheinlich im Gefolge der Bambergischen Verwaltung in die bischöflichen Besitzungen um Vilseck und Amberg; das wird der Grund für das Auftreten dieses Namens in der Operpfalz sein.
In den Namenbüchern erscheint Dotterweich z. B. in Dr. Nieds "Fränkischen Familiennamen", allerdings nur in der Einleitung. Hier spricht der Verfasser davon, daß die unglaublichsten Namen vorkommen, gibt es doch " noch heute Leute, die Ofenloch und Dotterweich … heißen". Weiter läßt er sich vorsichtshalber darüber nicht aus, weil Nied als verantwortungsbewußter Forscher über diesen Namen, der seinem Arbeitsgebiet, dem badischen und würtembergischen Franken fremd ist, nichts Sicheres zu sagen weiß und unbegründete Vermutungen zu äußern sich scheut.
So muß man wohl nennen, wenn es sich in der ersten Auflage von Gottschalds "Deutscher Namenkunde", der auch als erster auf diesen Namen eingeht, kurz und bündig heißt: "Dotterweich (nicht jüdisch), Eidotter" (Seite 171, Spalte 3). Das soll wohl sagen, daß der Name Dotterweich soviel wie Eidotter bedeutete. Es leuchtet aber nicht so ohne weiteres ein, daß man einen Menschen, dem man den Namen Eidotter geben will, nun Dotterweich nennt. Voraussetzung wäre höchstens, daß in unserer Gegend, wo dieser Name entstand, Eidotter und Dotterweich gleichbedeutend wäre; das ist aber nicht der Fall. Diese "Erklärung" kann also nicht befriedigen, sie ist eine richtige Verlegenheitslösung ganz im Geiste dieser Namenbücher.
Anders wird der Name Dotterweich in den 1936 erschienen "Deutschen Sippennamen" von Jos. Karlmann, Brechenmacher aufgefaßt. In Teil I, Spalte 120 kann man lesen: "Dotterweich, Übername, siehe Butterweich. M13 A B E". Schlägt man die Verweisung nach, so findet der erstaunte Leser in Spalte 101: "Butterweich, junger Judenname. W B". Die Einzelbuchstaben bedeuten Abkürzungen für Städtenamen, die Zahlen die Häufigkeit des Vorkommens, also M13 = Dotterweich dreizehnmal in München, Augsburg (A), Berlin (b), Essen (E), Wien (W) je einmal. Aus der nicht ganz klaren Angabe wird man wohl so viel herauslesen dürfen, daß Brechenmacher den Namen im Sinne eines Eigenschaftswortes auffaßt, d. h. so weich wie eine Dotter oder wie die Butter; auch wird man den "jungen Judennamen" von Butterweich auf Dotterweich beziehen dürfen. Jedenfalls faßte es so auch ein Träger des Namens Dotterweich auf, der diese damals politisch höchst anrüchige und rassisch sehr gefährliche Deutung erfuhr und im Kampfe um seinen deutschen Namen und seine arische Abstammung Beistand und Hilfe suchte. Dieser Fall zeigt, daß eine unvorsichtige und unüberlegte Deutung gelegentlich zu recht unangenehmen Weiterungen führen kann.
Die Unhaltbarkeit, Gefährlichkeit, ja Fahrlässigkeit dieser seiner Deutung d. h. des Hinweises auf eine Judennamen scheint Brechenmacher selbst eingesehen zu haben, denn bald besann er sich auf eine neue Erklärung. In der Schriftenreihe "Sippenforschung", Heft 26, "Der Schlemmer, ein Eß- und Trinkspiegel der deutschen Sippennamen" heißt es auf Seite 9 und 10: "… es hat, wie hier zum erstenmal dargestellt wird, wenigstens mit den fränksichen Sippennamen (Dotterweich) eine andere Bewandtnis: er ist ein Herkunftsname. Da er als solcher nicht in unsere Reihe gehör, muß ich mich auf das Wesentliche Beschränken: Zugrunde liegt der heutige Ortsname Todtenweis an der Ach, westlich von Aichach. Dieser Ort heißt in alter Zeit Taitenwis, Taten-, Teten- Tottenweis, Tettenwich, Teitinwich. Das Grundwort ist lat. vicus, womit im Mittelalter Dorf- oder Fleckensiedlungen bezeichnet wurden. dieses vicus wurde in der bayrischen Mundart teils zu -wis, -weis (vgl. bayr. Ort Mohrenweis), teils zu wich (vgl. den bayr. Ort Noderwiechs sowie Weichs bei Dachei und Weichs bei Mallersdorf). Das von dem Orte Tottenweich ausgehend Geschlecht mußte (!) sich dann, als der Name früh nicht mehr verstanden wurde, zu Dotterweich (ältere Schreibung: Totterweich) umformen lassen, und wie zur Bestätigung tritt uns im 12. Bande des Deutschen Geschlechterbuches (S. 227) sogar ein Gottlob Dotterwieß aus Bernsbah entgegen, der also die andere Nebenform des alten Grundwortes bewahrt hat. Die Dotterweich sind auch heute noch im wesentlichen im Umkreis ihres Ausgangspunktes zu finden: We (= Weingarten), A (= Augsburg), M13 (= 13 mal in München), S (= Stuttgart), Bg10 (= 10 mal in Bamberg), N10 (= 10 mal in Nürnberg), Wü5 (5 mal in Würzburg), Sp (= Speyer) Tr (Trier), Lu (= Ludwigshafen/Rh), Ess (Essen/Ruhr), Do (=Dortmund), Dü (= Düsseldorf), Dr (= Dresden), B (= Berlin), H (= Hamburg)."
Man verzeihe das lange Zitat, aber wegen der anscheinend so sorgfältigen Beweisführung mußte es in seiner ganzen Länge gebracht werden. Mit dieser Erklärung kommen wir auf das Gebiet der Ortsnamendeutung. Dazu ist folgendes zu sagen: Da bei Brechenmacher zuz seinen Belegen jede Quellenangabe fehlt, so kann man seine Belege auch nicht nachprüfen. Trozdem aber ergibt sich aus der heutigen Form Todtenweis und vieren von sechs Belegen Brechmachers, daß das Schluß-s im ON Todtenweis als stammhaft angesehen werden muß. B. Eberl, der Kenner bayrischer ON, schreibt in seinen "Bayrischen Ortsnamen", (1926, Knorr und Hirth, Müchen, 2. Teil, s. 133): "Weich, ahd. wîh, wîch = Flecken, Ort. Weichs, Wiechs, -weis, ahd. wihs. Lehnwort aus lat. vicus = Dorf". dieser Fachmann hält also die Formen mit und ohne Schluß-s scharf auseinander. Darum müssen die von Brechenmacher aufgeführten zwei Formen ohne Schluß-s (Tettenwich, Teitinich mit fett gedrucktem ch!) als Ausnahmen und nicht beweiskräftige Verschreibung angesehen werden. Wenn Brechenmacher andrerseits die Form Tottenweich anführt, so ist dazu zu bemerken, daß er selbst dafür keine Belege beibringt, also wohl auch keine hat. Der Fehler, oder die Täuschung Brechnmachersliegt nicht darin, daß er schreibt: "Dieses vicus wurde … teils zu -wis, -weis …, teils zu -wîch" (ch fett gedruckt!), sondern das entscheidende ist das Vorkommen des Schluß-s in beiden Gruppen. Nach seiner Deutung müßte das einen Tottenweichser oder Tottenweiser, Tottenweichs oder Tottenweis geben. Ja er zeugt wider sich selbst, wenn er den Gottlob Dotterwieß aus Bernsbach als Bestätigung herbeiholt, der die andere Nebenform des Grundwortes bewahrt hat". Diese "Nebenform" hat aber auch das Schluß-s bewahrt und das ch ausgeworfen! Dabei ist es im höchsten Maße fraglich, ob überhaupt dieser Name in diesen Zusammenhang gestellt werden darf. Denn "Dotterwieß aus Bernsbach"? Wer weiß, wo dieses Bernsbach liegt? Sicher im engeren oder weiteren Umkreiß von Tottenweis! Weit gefehlt! In der Nähe von Zwickau in Sachsen! Ohne jeglichen Anhaltspunkt für die Zusammengehörigkeit der drei Namen Todtenweiß, Dotterweich und Dotterwieß wirft Brechnmacher sie in einen Topf, fischt aus der Fülle der Bände des Deutschen Geschlechterbuches einen ähnlichen Namen heraus und benützt in " wie zur Bestätigung". Brechenmacher erwähnt auch eine "ältere Schreibung Totterweich", um den Zusammenhang mit den nicht belegten Tottenweich schmackhafter zu machen. Wer die Mundarten des Bamberger Landes kennt, weiß, daß diese Schreibung völlig belanglos ist, da der Bamberger harte und weiche Mitlaute nicht unterscheidet, sondern sie alle "weich" spricht. Überhaupt: Woher stammt diese ältere Schreibung und wie alt ist sie denn? Brechenmacher gibt keine Antwort darauf!
Um die Herkunft des Namens Dotterweich feststellen zu können, müssen einwandfreie Quellen und die diesen entnommenen Belege sprechen. Damit bekommen wir wieder festen Boden.
Wann und wo und wie erschienen zuerst die Dotterweich? Diese Frage beantworten folgende Nachweise:
1453 Conz Toterweych, Abtsdorf, St A. St. B. 4306, 296
1487 Kunz Dotterweich, Reundorf, Hist. Ver. Arch. Ger. B. Bl. 82b
1489 Kunz Dotterweich, Reundorf, St A. Rep. B. 52, 46a
1490 Conz Totterbach, Bamberg, Hist. Ver. Arch. Ger. B. 426b
1490 Conz Totterweich, Bamberg, Hist. Ver. Arch. Ger. B. 517b
1515 Gereß Dotterweicha, Frensdorf, St. A. Rep. J. 8, I, 18, Nr. 162, 149a
1553 Hans Totterweich, Abtsdorf, St. Bibl. Msc. hist. 55, 1a
1557 Hans Dotterweich, Abtsdorf, St. A. Rep. 187, Nr. 1185
1557 Jorg Dotterweich, Untergreuth, St. A. Rep. 187, Nr. 1185
1557 Veit Dotterbach, Sbtsdorf, St. Rep. 184/I, 1a
1575 Cunz Dotterweich, Reundorf, St. A. Rep. B. 98. Nr. 2
1576 Hans Dotterweich, Abtsdorf, St. A. St. B. 4252, 483
1588 Cunz Dotterweich, Frensdorf, St. A. St. B. 737 Bl. 216a
1588 Cunz Dotterweich, Obergreuth, St. A. St. B. 737 Bl. 217b
1588 Hans Dotterweich, Reundorf, St. A. St. B. 737 Bl. 217b
1588 Hans Dotterweich, Untergreuth, St. A. St. B. 737 Bl. 219a, b
1588 Fritz Dotterweich, Untergreuth, St. A. St. B. 737 Bl. 219a, b
1588, Georg Dotterweich, Untergreuth, St. A. St. B. 737 Bl. 219a, b
1588 Hans Dotterweich, Vorra, St. A. St. B. 737 Bl. 220b
1593 Cunz Dotterweich, Abtsdorf, St. a. St. B. 4232, 118a.
Diese auf gesicherte Grundlage ruhende Reihe gilt es nach verschieden Gesichtspunkten auszuwerten.
1. Die Formen des Namens. Diese unterscheiden sich nicht sehr, insbesondere lassen sie keine Entwicklung erkennen. Die ersten Formen lauten so wie die letzten. Unter 20 Belegen haben 4 ein T am Anfang. Erinnern wir uns an die Bemerkung Brechenmachers von Totterweich als der "ältern" Schreibung! Wie steht es damit? Bekanntermaßen weiß der Franke beim Sprechen im allgemeinen die harten und weichen Mitlaute nicht zu unterscheiden; darum kann auch der T-Anlaut gar nichts beweisen, es ist eine Willkürlichkeit des Schreibers. eine weitere Frage: Gehören die zwei Belege mit -bach hierher und wenn ja, wie sind diese Formen zu erklären? Sie sind nichts anderes wie mundartliche Formen von Dotterweich. Das Neuhochdeutsche ei wird in der Mundart verschieden behandelt: Jenes ei, das mittelhochdeutsch schon ein war, wird zu â, z. B. Bein: Bâ, meinen: mâna, nein: nâ. Das andere ei, das aus mittelhochdeutschem langen i entstand, bleibt ei, z. B. Brei, leis, beißen, drei. Weiterhin zweigt sich in unserer Mundart die Neigung gelegentlich w und b zu vertauschen, z. B. Löwe: Löb, Haber, Hawer, Ludwach für Ludbach, Würgau für Birkau. Daraus darf man schließen, daß man den zweiten Teil von Dotterweich als Eigenschaftswort weich, in der Mundart waach auffaßte und um die Verwirrung vollzumachen, noch mit anlautendem b schrieb. Daß kein Zweifel an der Gleichheit der Formen Totterbach und Dotterweich bestehen kann, zeigt einwandfrei der 4. und 5 Beleg, der sich im gleichen Gerichtsbuch für die gleiche Person findet.
Bei den männlichen Vornamen läßt sich die nicht weiter verwunderliche Verarmung an Einzelnamen feststellen. Gereß ist der im Süden Bambergs um diese Zeit nicht selten vorkommende Name Gerhaus (Gereß).
2. Herkunft. Auffällig ist, um das gleich vorwegzunehmen, das zweimalige Vorkommen des Namens d. h. der gleichen Person in Bamberg. Dabei darf man wohl mit Recht annehmen, daß dieser Conz Dotterweich in Bamberg von 1490 personengleich ist mit Kunz Dotterweich in Reundorf. Auf keinem Fall kann dieser in Bamberg verblieben sein, denn vor 1600 weiter kein Dotterweich in Bamberg nachzuweisen. Über die Herkunft kann kein Zweifel bestehen: Die Heimat der Dotterweich liegt in einem Kreis, der keinen größeren Durchmesser als vier Kilometer hat und der alle oben genannten Orte einschließt. Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man Abtsdorf-Vorra als Urheimat der Dotterweich annimmt. Eine kleine Fläche, sechs Dörfer, eng begrenzt und gesichert durch urkundliche Zeugnisse, rund neun Kilometer oder knapp zwei Stunden von Bamberg entfernt, ist der Ausgangspunkt der Sippe Dotterweich.
Wer vermag angesichts dieser klaren Lage noch an die gekünstelte Erklärung Brechenmachers zu glauben, die die fränkischen Bauern des Ebrachgrundes in Zusammenhang bringt mit einem Dorfe 16 km nördlich von Augsburg. Wie ist übrigens die Bemerkung Brechenmachers zu verstehen, daß die "Dotterweich auch heute noch im wesentlichen im Umkreis ihres Ausgangspunktes zu finden" sind? Seine aus Adreßbüchern geschöpften Ortsangaben beginnen mit Weingarten, Augsburg, München, Stuttgart! Woher weiß er, daß Dotterweich ein fränkischer Sippenname ist, wie er in seinem Heft "Der Schlemmer" (S. 9) schreibt?
3. Bedeutung des Namens. Die oben aufgeführten Erklärungsversuche vermochten nicht zu befriedigen. Wie konnten sie das auch ohne alle Kenntnis der Geschichte des Namens. Wie gekünstelt und wechselnd und im wahrsten Sinn des Wortes weithergeholt waren diese Deutungen! Darum wird das Nächstliegende und Einfachste auch das Wahrscheinlichste sein. Wir gebrauchen in der Umgangssprache z. B. pflaumenweich, butterweich, windelweich, wachsweich. Warum sollte dementsprechend nicht auch einmal dotterweich möglich gewesen sein? Der Name Dotterweich wird als Übername, als Spitzname aufzufassen sein. Der Anlässe zu solchen Namen gibt es unzählige; wir dürfen nur an unsere Schulzeit und an die Entstehung der Schülernamen denken. Aber da schon kommen wir gelegentlich uns nicht mehr an die Veranlassung zu diesen Namen erinnern. Darum wird es wohl vergeblich sein und unnütz darüber nachzugrübeln, warum man einmal den oder jenen mit einem derartigen Namen bedachte, ob er das Wort vielleicht besonders gerne gebrauchte oder es selbst prägte, so daß er zu einem vorhandenen und neben den eigentlichen Familiennamen gebraucht wird. Es ist dann, wie sich oft genug im 17. und 18. Jahrhundert einwandfrei zeigen läßt, nur eine Sache des Zufalls, ob sich der alte Name erhält oder der Übername durchsetzt. So ist anzunehmen: Zwischen 1400 und 1450 hat ein mit seinem eigentlichen Namen uns nicht mehr bekannter Abtsdorfer Bauer diesen Übernamen erhalten, die dörfliche Umwelt fand Gefallen daran, und so setzte er sich gegenüber den eigentlichen Familiennamen durch.
Dieser Name Dotterweich erscheint uns aber durchaus nicht mehr so merkwürdig und unmöglich, wenn wir ihn in Verbindung mit den Namen gerade des östlichen Steigerwaldes betrachten; denn diese Gegend zwischen Bamberg und Höchstadt/Aisch weist eine ganze Reihe solcher sonderbarer Familiennamen auf. Da finden wir z. B. Vocketanz, Baldauf, Seltsam und Butterhof. Gerade der letzte Name kann als Gegenstück zu Dotterweich dienen, besonders als ein in diesem Fall einwandfreies und darum überzeugendes Beispiel, wie weit man den Erklärungen Brechenmachers, wenigstens was unsere fränkischen Namen anlangt, trauen kann.

Quelle: ARENTH KONRAD (1956): Die Familiennamen des ehemaligen Hochstifts Bamberg in ihrer geschichtlichen Entwicklung. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 16: 143 - 454. Institut für fränkische Landesforschung an der Universität Erlangen. Im Verlag Michael Lassleben, Kallmünz-Opf., Auszug S. 402 bis 408.